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Schön. Ich bin gerne auf Reisen, im Winter am liebsten mit der Bahn. Unterwegs sein ist aufregend und diese flüchtigen neuen Bekanntschaften, diese Begegnung zweier Leben für eine winzige Momentaufnahme macht alles noch spannender. Manchmal sind solche Bekanntschaften beeindruckend, außerordentlich sogar. Ein Seelenfunke, der einen trifft und kaum wieder loslässt. Heute ist es mir so gegangen.

Bruno hieß er.

Schon als ich ihn zum ersten Mal sah, spürte ich diese besondere Persönlichkeit, selbstverständliche männliche Präsenz. Ohne Arroganz ganz einfach natürlich. Es brauchte keine Worte, es war einfach seine Ausstrahlung.

Ich habe die zeternde ältere Dame schnell davon überzeugen können, dass ich neben ihm sitzen musste. O.k., nicht ganz die feine Art, aber ich wollte, nein ich musste ganz einfach in seiner Nähe sein. Wenigstens von Frankfurt nach Braunschweig. Seelenfunke aus braunen Augen. Natürlich hat er einen tollen Job, tierische Verantwortung. Logisch, etwas anderes hätte ich auch gar nicht erwartet. Noch ziemlich jung ist er. Ausbaufähig, kennt seine Schwächen und vor allem die Stärken. Aber täglich wird es besser, die Führung klappt schon perfekt, der Stil noch etwas ungestüm und manchmal holprig, aber das kommt mit den Jahren. Was er noch lassen müsste, ist dieses Anspringen, sagt seine Begleitung. Das geht gar nicht. Und als ich ihn begrüßt habe, hat er mich sofort abgeknutscht, daran müsse man eben auch noch arbeiten.

Er freut sich halt, wenn man ihn mag. Und während wir reden, wedelt er mit dem Schwanz und legt den Kopf in meinen Schoß. Ich schmelze dahin. Ehrlich, ich wollte schon immer mal einen wie ihn kennen lernen: Einen Blindenhund.

Bruno hat mich verzaubert, keine Frage. Er hat auf vier dicken braunen Labradorpfoten mein Herz erobert. Im Sturm. Eine liebe, treue Hundeseele, die Unglaubliches leistet und auf ein ganz normales Hundeleben verzichtet. Dafür bringt er täglich ein bisschen mehr Licht in das Leben seines Herrchens. Wunderschön.

Als ich den Beiden in Braunschweig aus dem Zug helfe, wo der Abholdienst schon auf sie wartet, habe ich Tränen in den Augen. Sein Herrchen kann das nicht sehen, bedankt sich aber auf seine Weise und drückt meine Hand. Bruno schaut mich an. Schwanzwedeln. Ein letzter Blick aus braunen Augen. Seelenfunke. Die Magie dieser zufälligen Berührung zwischen Tier und Mensch erfüllt mich mit Wärme und Liebe. Und Licht.

Ich bin sicher, dass es dasselbe Licht ist, das Bruno täglich in das Leben seines Herrchens bringt. Schöne Reise noch, ihr Beiden.

Dies war eine Leseprobe aus: Die Kirschlorbeeren schlagen zurück

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